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Im Herbst 1989 eskalierten die inneren Probleme der DDR. Hunderttausende haben Ausreiseanträge gestellt. Fachleute, Ärzte, Pädagogen fehlen im Land. Und gerade die Jungen wollen weg, auf die der Staat gesetzt hatte und mit denen er angeblich eine neue Zukunft aufbauen wollte.

Kai von Westermans Reportagebuch „Letzte Bilder von der Mauer“ schildert die dramatische Stimmung in der maroden DDR unmittelbar vor ihrem Untergang. Der Autor ist 1989 als freier Kameramann im Auftrag eines französischen Fernsehsenders in der DDR unterwegs. Er ist Augenzeuge der sich überschlagenden Geschehen in der ihrem Ende entgegen taumelnden SED-Diktatur, die durch Demonstrationen in vielen Orten ins Wanken gerät.

Die Montagsdemonstrationen in Leipzig, die Westerman ohne behördliche Genehmigung aus deren Mitte herausfilmt, bieten ihm Gelegenheit zu offenen Gesprächen mit den Teilnehmern, die zunehmend angstfrei ihre Empfindungen preisgeben. Dabei sind beide Gesprächspartner in der ständigen Gefahr, von der Staatssicherheit oder der Volkspolizei verhaftet zu werden. Doch keiner rechnet bereits wirklich damit. Besonders seine Augenzeugen-Gespräche im Augenblick der Ereignisse faszinieren. Es sind kurze, knappe Dialoge, wie sie das Leben schreibt. Beim Zusammentreffen mit Flüchtlingen, die über Ungarn und Österreich in die Bundesrepublik fliehen oder am Rande des Gorbatschow-Besuchs in Ost-Berlin anlässlich des 40. DDR-Jahrestages.

Das Buch bezieht seinen Reiz aber auch aus dem fesselnden und zugleich erfrischend spritzigen Schreibstil des Autors, der alle geschilderten Ereignisse selbst und zur angegeben Zeit erlebt hat. Er gibt den Lesern das Gefühl, als wären auch sie vor Ort gewesen. Zum Beispiel bei den wöchentlichen Protestaktionen der DDR-Bürger, die schließlich zur Maueröffnung am 9.November 1989 führten. An diesem Tag von weltgeschichtlicher Bedeutung ist der Autor am Grenzübergang Invalidenstraße auf Ostberliner Seite und erlebt mit der Kamera auf der Schulter inmitten der jubelnden Menge die Öffnung der Grenze zum Westen. In den ersten Tagen und Wochen nach der Grenzöffnung bietet sich dem Autor mehrfach die Gelegenheitzu fast humorvoll geschilderten, aber inhaltlich ernsthaften Gesprächen. So mit einem Ost-Berliner Chefarzt, der zwar zurückhaltend, aber deutlich vor der Kamera über die Missstände im sozialistischen Gesundheitswesen spricht. Ein junger Pastor in Bitterfeld prangert vor der Kamera die besorgniserregenden Mengen der Industrieemissionen in der Chemieregion an und zeigt einen völlig vergifteten See, dessen Abwasser in die Saale fließt. Westerman gelingt es, sowohl seine eigenen Eindrücke und Gefühle als auch die der unmittelbar Betroffenen festzuhalten. Obwohl dem geschulten Auge des Kameramanns kaum ein Detail zu entgehen scheint, wird auch er immer wieder von der Wucht der Veränderungen überrascht.


Zeitgut Verlag Berlin   (hier Zusatzinformationen, Leseprobe u.a.) 

368 Seiten

Klappenbroschur

ISBN 978-3-86614-170-4, Euro 12,90


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